Prof. Jakob Muth


Auf dieser Seite möchten wir Ihnen Leben und Wirken unseres Namenspatrons Prof. Jakob Muth vorstellen.


Leben, Kindheit und Jugend


Jakob Muth wurde am 30.Juni 1927 in Gimbsheim als drittes Kind auf dem elterlichen Bauernhof geboren. Sein Vater war bettlägerig und litt an den Folgen einer Gasvergiftung aus dem Ersten Weltkrieg. So verbrachte er viel Zeit am Bett des Vaters und hat mit ihm viel gelesen, Landkarten studiert und sich so Kenntnisse angeeignet, die wohl Anlass waren, um ihn zum Besuch einer weiterführenden Schule zu empfehlen. Hinzu kamen seine Kameradschaft und Hilfsbereitschaft, auch gegenüber Kindern/Erwachsenen mit Behinderung. Ab 1933 besuchte er die örtliche Volksschule, weiterhin von 1940 bis 1944 die Ordensburg Sonthofen im Allgäu. Die dort vermittelte NS-Ideologie machte er sich nicht zu eigen, sondern sollte fortan als Antriebsfeder für sein lebenslanges Bestreben für die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher dienen, wie z.B. ein gemeinsamer Unterricht von behinderten und nicht behinderten Menschen.

Im letzten Kriegsjahr war Jakob Muth Soldat und kam in amerikanische Gefangenschaft. Aus dieser konnte er fliehen und kehrte nach Gimbsheim zurück. Dort wurde er mittlerweile aufgrund seiner Ausbildung auf der Ordensburg in Sonthofen als Fremder angesehen. So kam es zum Bruch mit seinem Heimatdorf und er verließ Gimbsheim, obwohl er sehr heimatverbunden war. Später hatte er auf allen seinen Reisen stets ein Foto von Gimbsheim mit dabei.


Seit 1953 war Jakob Muth mit Marianne Fölsing verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Die Familie ließ sich schließlich in Heiligenhaus nieder, wo Jakob Muth am 26.04.1993 nach jahrelanger, schwerer Krankheit verstarb.

 

Beruflicher Werdegang


Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 begann Jakob Muth eine Maurerlehre mit Umschulungsvertrag für 18 Monate und half beim Wiederaufbau von Mainz mit. Danach besuchte er in den Jahren 1947/1948 erneut ein Internat und anschließend die pädagogischen Akademien in Bad Neuenahr und Worms.

Im Sommer 1950 legte Jakob Muth die Erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen ab und arbeitete fortan als Lehrer in Mainz.

 

Zum Teil parallel zu seiner Lehrertätigkeit und zum Teil ausschließlich studierte er Pädagogik an der Universität in Mainz und promovierte 1958 mit einer Dissertation über „Vorberufliche Erziehung in der Volksschule“. Im gleichen Jahr wurde er Dozent an der PH Worms, zwei Jahre später Professor an der PH Kettwig/Duisburg, deren Leitung er in den Jahren 1962 bis 1964 inne hatte. Ab 1970 lehrte Prof. Jakob Muth bis zu seiner Emeritierung 1992 Schulpädagogik an der Ruhr-Universität in Bochum.

1970 wurde Prof. Jakob Muth bis zu seiner Auflösung 1975 als Mitglied in den Deutschen Bildungsrat berufen. Dort hatte er den Vorsitz des Ausschusses Sonderpädagogik inne, der die „Empfehlung zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlichen“ erarbeitete.

Während seiner Lehrer- und Hochschullehrertätigkeit war er aktiv in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW); er beteiligte sich an zahlreichen Kongressen und Fachtagungen. Er übernahm in der GEW den Vorsitz in der Arbeitsgruppe „Bildung für Behinderte“ und war Mitglied des Wissenschaft-lichen Beirats der Max-Traeger-Stiftung.

Jakob Muth verfasste über 400 Schriften zur Schulpädagogik, die sich vorrangig mit seinem Ziel eines inklusiven Unterrichts beschäftigten. So schreibt er in seinem Buch „Integration von Behinderten. Über die Gemeinsamkeit im Bildungswesen“ (Essen 1986):

 

„Pädagogisch – und demokratisch – ist es, sich um die Zuge-hörigkeit jedes jungen Menschen zur Gemeinsamkeit aller zu bemühen.

(…)

Wie anders sollten Nichtbehinderte dazu kommen, ihr Vorwissen und ihre Vorurteile zu korrigieren und auch Behinderten gegenüber taktvoll zu sein, als im tagtäglichen Umgang von Kindesbeinen an? Und wie anders sollten Behinderte die Kraft gewinnen, auch Taktlosigkeiten der Nichtbehinderten durchzustehen, als in der Kommunikation mit ihnen vom frühen Alter an? Die Annahme seiner selbst ist für jeden Menschen, auch für den Behinderten, nicht in einem kommunikationsfreien Raum zu gewinnen, sondern immer nur im Zusammensein mit anderen, im mitmenschlichen Umgang, in der Achtung der Würde des anderen.“


Postume Ehrungen


Jakob Muth ist Namensgeber für etliche Schulen, vor allem Förder- und Grundschulen.

2009 bis 2019 wurde von der Bertelsmann Stiftung, dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, der Deutschen UNESCO-Kommission sowie der Sinn-Stiftung der „Jakob-Muth-Preis für inklusive Schule“ an Schulen verliehen, die sich für den gemeinsamen Unterricht aller Kinder, ob mit oder ohne Behinderung, besonders engagieren. Der Preis ging 2020 im Deutschen Schulpreis auf.

 

Auf dem Campus Velbert/Heiligenhaus der Hochschule Bochum ist eine Straße nach ihm benannt.



Quellenverzeichnis:

Jakob Muth 1927 – 1993, ein Porträt von Prof. em. Dr. Jutta Schöler (Bertelsmann Stiftung, 2013)


 

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